Food Chain Model für ökologische Wertschöpfungsketten und Food Waste Vermeidung

Bewilligte Projekte 16:14

Dr. Claudio Beretta

ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Das Ziel des Projektes «Food Chain Model» ist ein Massenfluss- und Ökobilanz-Modell von Lebensmittel-Wertschöpfungsketten. Damit können Massnahmen effizienter und präziser identifiziert und priorisiert werden, welche Food Waste vermeiden und die Effizienz von Lebensmittelwertschöpfungsketten verbessern.

Ergebnis

Bei der Entwicklung eines Modells zur Bewertung der Umweltauswirkungen verschiedener Produktionsmethoden lag ein Schwerpunkt auf der Analyse von Schokolade, die Kakaopulpe als Zuckerersatz nutzt. Das Modell umfasst fünf Toolboxen, die von der Szenarienanalyse über Lebensmittelverluste bis hin zu Umweltbelastungen reichen. Ein Vergleich mit herkömmlicher Schokolade bildete einen zentralen Teil der Studie. 

Das Hauptprodukt dieses Projektes umfasst fünf Module (Toolboxen), die zusammen das Sustainable Food Chain Model (FCM) bilden und die Modellierung der Umwelteffekte ganzer Wertschöpfungsketten ermöglichen. Dadurch können Szenarien von Wertschöpfungsketten (WSKs) mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt modelliert werden.

Die erste Toolbox „Szenarien“ beinhaltet eine Massen- und Energieflussanalyse von der landwirtschaftlichen Produktion über alle Stufen der WSK bis zum Haushalt oder Restaurant, wo die Lebensmittel verzehrt werden. Jede Stufe der WSK wird durch Prozesse (z.B. Ernte, Lagerung) charakterisiert. Den Prozessen werden Lebensmittelverluste (z.B. 5% essbare Ernteverluste) sowie umweltrelevante Prozesse (z.B. 2kg Dieselverbrauch pro kg Ernteertrag) zugeordnet. Diese Toolbox wird „Szenarien“ genannt, weil von jeder WSK mehrere Szenarien modelliert werden können. So lässt sich die Wirkung von Änderungen von Parametern (z.B. verwendeter Strommix) auf die Umwelt abschätzen. Das Modell ermöglicht eine freie Bezeichnung und Anordnung der Stufen der WSK, um verschiedene Fälle abbilden zu können (z.B. ein oder mehrere Verarbeitungsstufen). Der Weg der Lebensmittel kann sich verzweigen, z.B. wenn ein Teil der Lebensmittel aus der Verarbeitung an den Detailhandel und der Rest an Gastronomiebetriebe geliefert wird. Abb. 1 zeigt beispielhaft die Massenflussanalyse von Schokolade mit drei Verarbeitungsstufen und Verzweigung in Detailhandel und Gastronomie.

Die zweite Toolbox „Ursachen“ enthält eine Liste von Ursachen, denen Lebensmittelverluste jeweils zugeordnet werden können. In diesem Modell werden nicht Lebensmittelverluste statisch als vermeidbar oder unvermeidbar klassifiziert, sondern die Ursachen der Lebensmittelverluste werden flexibel je nach Fragestellung in vermeidbar und unvermeidbar aufgeteilt. Somit sind Modellierungen mit verschiedenen Definitionen kompatibel.

In der dritten Toolbox „Umweltbelastungen“ werden umweltrelevante Prozesse mit Datensätzen aus Ökobilanzdatenbanken verknüpft und mit Faktoren gewichtet. So lassen sich Daten aus verschiedenen Datenbanken sowie Primär- und Literaturdaten kombinieren und harmonisieren.

In zwei weiteren Toolboxen können zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen geeignete Sets von Umweltbewertungsmethoden angelegt sowie eine Liste von Quellenangaben gemacht werden. So können alle eingetragenen Daten mit Quellen verknüpft und individuell kommentiert werden.

Im aktuellen Entwicklungsstadium kann das FCM ganze WSKs modellieren. Durch Veränderung von Parametern können Szenarien gebildet und verglichen werden. Die Vergleiche können auf beliebige Aspekte der WSKs fokussieren, z.B. auf die Mengen der Lebensmittelverluste pro Stufe der WSK, pro Prozess oder pro Ursache und aufgeschlüsselt nach vermeidbar und unvermeidbar. Ebenso können Umwelteffekte von Prozessen, Endprodukten, Lebensmittelverlusten oder ganze Szenarien verglichen werden, z.B. das Referenzszenario «Käseproduktion mit Verfütterung der Molke» mit dem Alternativszenario «Käseproduktion mit Valorisierung der Molke zu Molkenproteinisolat und Laktosepulver».

Aus den Ergebnissen lassen sich erfolgreiche Massnahmen ableiten, um in den folgenden drei Handlungsfeldern Umweltbelastungen einzusparen:

  1. Lebensmittel ökologischer produzieren (z.B. Verarbeitung mit erneuerbarer statt fossiler Energie betreiben)
  2. Effizienz von WSKs steigern durch Vermeidung von Lebensmittelverlusten (z.B. Foodwaste-Halbierung in Haushalten)
  3. Nachhaltigere Produkte und Menus auswählen durch die Konsumenten.

Die Integration weiterer Funktionalitäten ins FCM in Folgeprojekten soll die Modellierung von Warenkörben und gekoppelten WSKs, die Bedienung des Tools über zielgruppenspezifische Benutzeroberflächen sowie die konstruktive Zusammenarbeit verschiedener Akteure dank User-Umgebungen mit spezifischen Userrechten ermöglichen.

Ein herzliches Dankeschön an Ursina Krähenmann und Anian Schreiber für die beratende Unterstützung des Projektes sowie an Erich Zbinden, Davide Stallone und Nadina Müller für ihr grosses Engagement für das Projekt.

Im Programm Food 4.0 begleiten die Akademien der Wissenschaften Schweiz unter dem Lead der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW innovative Projektideen, die ganz am Anfang der Entwicklung stehen. Gefördert werden insbesondere Projekte, die neue Perspektiven für eine erfolgreiche Entwicklung des Schweizer Ernährungssystems aufzeigen. Die ausgewählten Projekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Lösung der grössten Herausforderungen und adressieren die Themenbereiche Food Waste, Nachhaltigkeit und Gesundheit.