Was soll zu kritischen Materialien gelehrt werden?

Energie und Umwelt 12:30

Im Rahmen der Fachförderung hat die SATW ein Seminar unterstützt, an dem Lehrpersonen und Entscheidungsträger mit Fachleuten aus Industrie und Forschung über die Ausbildung im Bereich seltener und kritischer Materialien diskutiert haben.

Im Rahmen der Fachförderung hat die SATW ein Seminar unterstützt, an dem Lehrpersonen und Entscheidungsträger mit Fachleuten aus Industrie und Forschung über die Ausbildung im Bereich seltener und kritischer Materialien diskutiert haben.

«Kritische Materialien» beschreibt Rohstoffe, hauptsächlich Metalle, die wegen ihrer spezifischen Eigenschaften bei verschiedenen technischen Anwendungen eine zentrale Rolle spielen und deshalb wirtschaftlich wichtig sind. Viele dieser Materialien stammen nur aus wenigen oder gar einzelnen Herkunftsländern, was das Risiko einer Versorgungsknappheit birgt und importierende Länder in eine wirtschaftliche Abhängigkeit bringt.

Am 27. Februar hatten Alessandra Hool vom Entwicklungsfonds Seltene Metalle (ESM) und Patrick Wäger von der Empa ein Seminar zur Ausbildung in seltenen und kritischen Materialien an der Empa-Akademie in Dübendorf organisiert. Eingeladen waren Lehrende an Hochschulen und Fachhochschulen, Entscheidungsträger aus der Politik sowie Fachleute aus Industrie und Forschung zu einem Erfahrungsaustausch, um die Situation in der Ausbildung zu präsentieren und gemeinsam weitere Schritte zu diskutieren. Die SATW unterstützte das Seminar im Rahmen der Fachförderung.

Ausbildung kommender Generationen

Über seltene und kritische Materialien sind oft selbst Materialwissenschaftler und Ingenieure wenig informiert, obwohl diese Materialien in der Wertschöpfungskette gerade neuer Technologien von grosser Bedeutung sind. Sie haben einen bedeutenden Einfluss auf die Herstellungskosten von Produkten. Zudem bergen sie das Risiko von Lieferengpässen sowie Konflikte mit existierenden und im Entstehen begriffenen Regulationen.

Ersatz, effizienterer Einsatz und Rückführung solcher Materialien in die Wertschöpfungskette sind wichtige Aspekte der Kreislaufwirtschaft ebenso wie eine grössere Transparenz bezüglich der Herkunft. Es stellt sich deshalb die Frage, was getan werden kann, damit die kommende Generation an Forschern, Entwicklern und Managern in der Schweiz auf diese Themen besser vorbereitet und stärker sensibilisiert ist.

In einem ersten Teil wurde eine Übersicht über die moderne Materialforschung und -entwicklung und den damit verbundenen zukünftigen Rohstoffbedarf gegeben. Danach folgten Beiträge, die eine Standortbestimmung aus den Perspektiven von Bildung, Forschung und Industrie vornahmen. Der dritte Themenblock befasste sich mit Erfahrungen in der Lehre zum Thema kritische Metalle.

Am Nachmittag besuchten die Seminarteilnehmer Workshops zu den folgenden drei Fragen: In welchen Curricula braucht es in der Schweiz der Zukunft Kompetenzen in Rohstoff- und Kritikalitätsfragen? Wie können Lehrinhalte zu kritischen Rohstoffen gestaltet werden? Und welche Massnahmen müssen auf (bildungs-)politischer Ebene getroffen werden?

Zusammenfassend kamen die Teilnehmer der Workshops zu folgenden Ergebnissen:

  1. Rohstoff- und Kritikalitätsfragen sind in einer grossen Breite von naturwissenschaftlichen, technischen und sozialwissenschaftlichen Curricula auf Hochschulniveau relevant.
  2. Allgemeines Systemdenken schafft Kompetenzen zum Verständnis von Rohstoff- und Kritikalitätsfragen und sollte deshalb in Curricula speziell gefördert werden.
  3. Zur Förderung des Systemdenkens braucht es eine Verstärkung von Methodenkenntnissen und der Fähigkeit, Fakten und Resultate interpretieren zu können.
  4. Künftige Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger müssen so ausgebildet werden, dass sie Risiken und Chancen im Umgang mit kritischen Metallen erkennen können. Hier sollten auch berufliche Weiterbildungen mit entsprechenden Zertifizierungen (zum Beispiel im Qualitätsmanagement) angeboten werden.
  5. Während auf Primarstufe eine grundsätzliche Vorstellung von Stoffkreisläufen gelehrt werden sollte, ist auf Sekundarstufe die Vermittlung von Wissen über Risiken von Stoffen, globale Lieferketten und deren ökologische und soziale Konsequenzen anzustreben. Auf Hochschulniveau sollte der Fokus auf der Vermittlung von Methoden- und Verhandlungskompetenz liegen.
  6. Lehrpersonen sollten auch noch oberhalb der Primarstufe sicherstellen, dass das Thema erlebbar ist, einen Bezug zum Alltag hat und in einen grösseren Kontext (Ökologie, Ökonomie) eingebettet ist.
  7. Mehr Übersicht und Transparenz über verfügbare Angebote und Lehrmittel ist nötig, sodass sich Lehrende besser informieren und auf bestehende Ressourcen zurückgreifen können.
  8. Breite Teile der Gesellschaft können erreicht werden, indem der globale Kontext der Problematik im Rahmen der Nachhaltigen Entwicklung verständlich gemacht wird.
  9. Die mit dem Lehrplan 21 geförderte kompetenzorientierte Bildung hebt kritisches Denken, Systemverständnis und antizipatorisches Handeln hervor und ist daher geeignet für die Vermittlung des Themas.
  10. Verschiedene Zielgruppen müssen durch verschiedene Mechanismen erreicht werden: die Politik etwa durch Policy Briefs, die Zivilgesellschaft durch verstärkte Transparenz (z.B. Labels, die bei Konsum-Entscheidungen helfen können).

Die Teilnehmer des Seminars diskutieren zurzeit weitere Schritte, um auf diesen vorläufigen Ergebnissen aufzubauen und den Dialog mit Fachleuten, Entscheidungsträgern und anderen Interessierten weiterzuführen.

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Auskunft

Alessandra Hool, Entwicklungsfonds Seltene Metalle (ESM), alessandra.hool@esmfoundation.org