Der Technology Outlook im Reality-Check: Was sagen Unternehmer?

Foresight 14:49

Vertreter der SATW hatten am 2. Juli die Gelegenheit, den Technology Outlook 2017 mit Unternehmern aus dem Rheintal zu diskutieren. Der Austausch erwies sich als sehr wertvoll.

Vertreter der SATW hatten am 2. Juli die Gelegenheit, den Technology Outlook 2017 mit Unternehmern aus dem Rheintal zu diskutieren. Der Austausch erwies sich als sehr wertvoll.

14 Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem St. Galler Rheintal waren der Einladung der SATW und der Clientis Biene Bank Rheintal gefolgt, den Technology Outlook 2017 (TO17) zu diskutieren und Vorschläge für die Weiterentwicklung der Publikation zu machen. Vertreten waren unterschiedliche Industrien wie Automobilzulieferer, Chemie, Lasertechnik oder Textilien. Der Anlass war von SATW-Mitglied Dr. Bernhard Braunecker gemeinsam mit Adrian Knechtle initiiert worden, dem Stv. Direktor der Clientis Biene Bank. Als Gastgeber begrüsste er die Anwesenden in Altstätten.

Prof. Ulrich W. Suter, Präsident des wissenschaftlichen Beirats, stellte die SATW vor, bevor Generalsekretär Dr. Rolf Hügli den TO17 präsentierte. Er nannte den Anlass einen wichtigen «Reality Check» für die Arbeit der SATW. Er stellte die Schwerpunktprogramme vor, speziell den SBFI-Auftrag der Früherkennung, bei dem es um Technologien geht, die für die Schweiz aktuell relevant sind oder es innert rund fünf Jahren werden dürften. Weiter hob er die Aktivitäten zur Koordination und Vernetzung relevanter Akteure hervor, speziell in den Bereichen Advanced Manufacturing und Cybersecurity. «Eine Fragmentierung ist in einem so kleinen Land von grossem Nachteil.» Schliesslich erklärte er die Arbeitsweise und Instrumente der SATW. Der Technology Outlook ist eine Auslegeordnung, die politische Prozesse anstossen soll. «Wir machen keine Vorschläge für konkrete Massnahmen zu Förderung der Industrie, möchten aber Denkprozesse initiieren.»

Bernhard Braunecker stieg dann tiefer in einzelne Themen des TO17 ein und hob für die Industrie im Rheintal wichtige Technologien hervor, insbesondere die cyber-physischen Produktionssysteme, Prozessoptimierungen, Pulslaser oder Smarte Kleber. «Egal was sie tun, alles muss gemessen werden. Doch 90 Prozent der Daten, die von Sensoren gemessen werden, verpuffen und werden nicht ausgewertet.» Durch den Bau einer «dualen Welt» (digitaler Schatten) werden Prozesse künftig digital modelliert und die Daten beider Welten systematisch verglichen, wodurch sich Fehler dramatisch reduzieren lassen. Anhand der Oberflächenbearbeitung mit Pulslaser erklärte er das Potenzial neuer Technologien und die dramatischen Verbesserungen, welche diese mit sich bringen können. Die Photonik bezeichnete er als «Key Enabling Technology».

 

Wertvolle Inputs aus der Praxis

Anschliessend hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, ihre Rückmeldungen zum TO17 zu geben, den sie im Vorfeld erhalten hatten. Dr. Hans Altherr, SATW-Mitglied und Alt-Ständerat, moderierte die Diskussion. Grundsätzlich waren die Unternehmer mit der Themenwahl zufrieden. Einzelne Themen wurden vermisst: So die Materialwissenschaft, die für die Schweiz enorm wichtig ist und von der EU als Zukunftstechnologie angesehen wird. Andere Thema, welche in die Diskussion eingebracht wurden, waren Wearables sowie Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft, zu der die SATW auch bereits publiziert hat. Prof. Andreas Ettemeyer, Prorektor der NTB Buchs, gab zu bedenken, dass viele KMU kaum Zeit haben, um über den Tellerrand hinauszublicken. Vielen fehle die kritische Grösse dafür. Organisation wie die SATW könnten für diese KMU entsprechende Netzwerke initiieren. Als erfolgreiches Beispiel nannte er die Gründung eines gemeinsamen Photonik-Forschungszentrums im Rheintal. In anderen Bereichen müsse man Ähnliches tun.

Kooperation vs. Konkurrenz

Ulrich W. Suter wollte von den Anwesenden wissen, ob es gelinge, bei solchen Initiativen zwischen vorkompetitiver und kompetitiver Phase zu unterscheiden? Bis wohin verfolgt man gemeinsame Ziele – ab wann ist man Konkurrent? Die Anwesenden äusserten sich grundsätzlich positiv gegenüber Kooperationen. So sei etwa die Chemieindustrie von grossen Konzernen geprägt, welche als träge Tanker den Markt beherrschen. Daneben sei aber Platz für kleine Wettbewerber, die als wendige Yachten agil unterwegs seien und im Markt nur eine Chance hätten, wenn sie projektbezogen zusammenarbeiten. In Bezug auf die Textilindustrie wurde die internationale Konkurrenz hervorgehoben, insbesondere aus Asien. Darum habe man für die Technologie-Entwicklung in Deutschland ein grosses Netzwerk aus Firmen, Hochschulen und Verbänden gegründet. In der Schweiz sei die Unabhängigkeit aber höher und es gebe mehr Vorbehalte gegenüber solchen Kooperationen. «Das Gärtli-Denken ist bei uns sehr ausgeprägt, obwohl der Druck gross ist.» Dies gelte es zu ändern und mehr Offenheit zu schaffen, da man gemeinsam im globalen Wettbewerb stehe. Andreas Ettemeyer zeigte sich zuversichtlich, dass sich dies ändern lasse, es brauche aber Zeit. Die NTB Buchs habe z.B. Treffen für Unternehmer der Photonik-Industrie initiiert.

Ein Fraunhofer Institut für die Schweiz?

Ein Wunsch der Runde war es, eine Übersicht solcher Netzwerke und Initiativen zu haben. Rolf Hügli wies auf die nationalen Netzwerke von Innosuisse hin. Die SATW könne nicht tun, was andere bereits machen. Wichtig sei aber, über den Austausch in den Netzwerken hinaus konkrete Massnahmen zu konzipieren. Ziel müsse sein, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie zu erhalten. In der Diskussion wurde mehrfach das Modell des Fraunhofer Instituts genannt. Warum ist es in der Schweiz nicht möglich, so etwas auf die Beine zu stellen? Einige Unternehmen klagten darüber, dass KMU hierzulande kaum Unterstützung erhalten, während in anderen Ländern erhebliche Mittel gesprochen würden, z.B. für die Digitalisierung. Dieses Thema beherrsche alles und wenn man es den hiesigen Firmen aufbürde, diese alleine zu bewältigen, seien die Spiesse nicht gleich lang. Die Anwesenden sahen eine Möglichkeit für die SATW, Themen zu definieren, die gefördert werden sollten, beispielsweise mit ähnlichen Mechanismen wie in Deutschland, wo bei geförderten Projekten das Fraunhofer Institut 50 Prozent der Entwicklungskosten trägt. Die Fachhochschulen könnten eine ähnliche Rolle spielen, doch seien ihre Fördertöpfe stark begrenzt und selbst diese Mittel seien umstritten.

Ausblick auf den TO19

Nach der anregenden Diskussion stellte Rolf Hügli das Konzept des Technology Outlook 2019 (TO19) vor. Die Themen werden neu auf der Technologieliste des SBFI basieren und man wird den Bericht um quantitative Parameter erweitern, wie die Anzahl der Forschungsgruppen an Hochschulen, Umsatzzahlen oder Marktpotenzial. Die anwesenden Unternehmer wurden gebeten, Ideen und Quellen für solche Parameter SATW-Projektleiterin Dr. Claudia Schärer mitzuteilen. Beim abschliessenden Apéro wurde angeregt weiterdiskutiert. Insgesamt zogen die Veranstalter ein sehr positives Fazit, so beispielsweise Adrian Knechtle: «Unsere Bank ist sehr jeher ein starker Partner der regionalen Wirtschaft. Wir wollen zusammen mit den lokal ansässigen KMU einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Hightech-Region St. Galler Rheintal leisten. Wir waren von der Diskussion zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sehr angetan. Sie hat gezeigt, dass ein solcher Austausch wichtig und notwendig ist.» «Es war ein Experiment, das sich gelohnt hat», so Rolf Hügli. «Der Gedankenaustausch mit direkt Betroffenen war für uns sehr bereichernd.»

Auskunft:

Dr. Claudia Schärer, Leiterin Früherkennung, Tel. +41 44 226 50 20, claudia.schaerer@satw.ch